Institut für Slavische Sprachen und Literaturen

Zur poetischen Neuschreibung der romantischen 'Philosophie der Tat' in Polen: Norwid, Brzozowski und Sztuka i Naród

Das Forschungsvorhaben nimmt drei Positionen der polnischen Literatur zwischen 1848 und 1945 in den Blick, die in Auseinandersetzung mit der romantischen ,Philosophie der Tat‘ zu einer poetischen Neuschreibung derselben gelangen: jene des Spätromantikers Cyprian Norwid (1821-1883), des Kritikers Stanislaw Brzozowski (1878-1911) und der Dichter im Umfeld der Untergrund-Zeitschrift „Sztuka i Naród“ (Kunst und Nation, 1942-1944).

Inhalt und Ziel des Forschungsprojekts

Mit der polnischen Romantik verbindet sich ein Paradigma der ,Tat‘, das im kulturellen Selbstverständnis und in den politischen Polemiken Polens bis heute nachwirkt. In der Situation der staatlichen Nicht-Existenz wurde eine Kultur des Aktivismus seit den 1820er Jahren zum intellektuellen Postulat. Die in diesem Klima entstehende sogenannte ‚Philosophie der Tat‘ wird in der polnischen Literaturwissenschaft meist einer nationalistischen Weltanschauung zugeordnet, der politisch liberale und ästhetisch avantgardistische Konzepte entgegenstehen. Das Forschungsvorhaben versucht sich einer solchen Polarisierung zu entziehen und gerade das poetische Potential der ‚Philosophie der Tat‘ auszuloten. Charakteristisch für die drei untersuchten Fälle Norwid, Brzozowski und Sztuka i Naród ist, dass sie die utopisch-aktivistischen Entwürfe des romantischen Denkens als künstlerisches Material neu modellieren. Entsprechend konfrontiert das Projekt die ‚Philosophie der Tat‘ mit Methoden, die Literatur selbst als ‚Akt‘ (performance studies) oder als ausagierte ‚Ethik‘ (ethical criticism) auffassen. Durch die innovative Verschränkung von Ideengeschichte und Poetologie wird das Problem des polnischen Aktivismus grundlegend neu gestellt – als Fall einer höchst bewegten Interaktion zwischen politischer Imagination und Ästhetik. Das Forschungsvorhaben will jenseits fachlicher Verengungen und ideologischer Verpflichtungen einen Beitrag zu einer zeitgemässen Literaturwissenschaft leisten.

Verantwortliche:r und weitere Gesuchsteller:innen